Sonntag, 7. August 2011

Der Mann, der sich fast selbst erschlug




Vor gut vierzig Jahren fand ich auf einem Sperrmüllhaufen einen Schmiedehammer. Der Hammer hat ein Gewicht von exakt zweitausendeinhundertfünfzig Gramm. Der Hammer lag vierzig Jahre im Keller rum und dort oft im Weg.

Jetzt habe ich mit ihm auf meiner Parzelle siebzehn Zaunpfähle in die Erde getrieben.

Gestern war ein schwüler Tag, die Lunge wehrte sich, die feuchte Luft aufzunehmen und mein kleiner Bruno hat im Alter von gerade sechs Monaten das andere Geschlecht entdeckt, zwei läufige Hündinnen direkt auf der Nachbarschaft machen ihn närrisch, mein oberer Bauzahn ist zu niedrig gewesen, Bruno büchste ständig aus. Es war an der Zeit, den Bauzaun durch einen anständigen Lattenzaun zu ersetzen.

Trotz großer Hitze gingen die Arbeiten gut voran, die Zaunlatten hatte ich in den vorangegangenen Tagen bereits geschnitten, bis auf den letzten Pfahl saßen alle Pfähle im Lot,
ich konnte Querlatten verschrauben und Latten anbringen.

Der letzte Pfahl sitzt direkt an der Ecke zum Nachbar, die Ecke ist mir allerlei Strauchwerk zugewachsen, verwilderte Brombeeren etc.. Ich schnitt die
überstehenden Zweige ab und setzte den Pfahl an die passende Stelle, zwei Hiebe einhändig fixierten den Pfahl, dann hieb ich ihn beidhändig in die Erde.
Die Sache war in mehrerer Hinsicht verzwickt. Mit der linken Körperhälfte drückte ich
das Buschwek zur Seite, mit dem rechten Unterschenkel gab ich dem Pfahl die Richtung vor, mein Stand war unsicher. Beim dritten Schlag prallte der Hammer von einem in Schlagrichtung stehenden Ast ab, der Hammer schlug zurück und knallte mit spitzer Seite an meinen Schädel.

Sekundenbruchteile stand ich wie angewurzelt in einem nicht unangenehmen Gemütszustand, dann wurde mir schwindlig und ich musste mich an einem Pfahl stützen. Innerhalb weniger Sekunden war ich wieder voll bei mir und ich gab dem Pfahl noch ein paar Hiebe, bekam ihn aber nicht gerade in die Erde hinein.

Egal

dachte ich und schraubte weiter Zaunlatten an. Wegen der Hitze lief mir das Wasser in Bächen vom Kopf in die Augen, kurz drauf sah ich alles um mich herum rosa, ich wischte mir mit der Schürze den Kopf ab.

Verdammt, ich blute ja.

Ein paar Schritte von mir entfernt schnitt eine Nachbarin ihre Hecke.

Edeltraut, kannste mal kommen, ich glaub ich blute.

Was hast du denn gemacht Bruno, du blutest ja am Kopf.


Ich hab mich fast selbst mit dem Hammer erschlagen.

Du musst ins Krankenhaus, ich ruf einen Krankenwagen.

Nee, lass mal, fang mir bitte die Hunde ein.


Sie fing die Hunde ein und ich räumte mein Werkzeug weg, nahm noch einen Schluck Wasser, stillte mit einer halben Rolle Klopapier die Blutung und fuhr ins nächste Krankenhaus.

Der Arzt war sehr nett. Mein Alter, kurze Hose, barfuß in Sandalen, zerknittertes Shirt.

Na haben sie einen draufgekriegt?

Nee, hab mir selbst beim Zaunsetzen den Hieb verpasst.


Er machte die Wunde sauber, rasierte die Haare weg und vernähte mit drei Stichen.

Da haben sie aber Glück gehabt.

Das will ich meinen. Ja ich hatte Glück. Der Hammer traf mich in einem günstigen Winkel.
Das war eine Sache von Millimetern, der schwere Hammer kratzte mir die Schädeldecke nur an, das konnte der Arzt sehen, als er die Wunde spülte. Ein geringfügig anderer Aufschlagswinkel hätte mir den Schädel eröffnet und ich wäre in die Kriminalgechichte eingegangen, als der erste Mann, der sich mit einem Hammer selbst erschlug.

Egal, besser auf die Parzelle und zum Tango gehen, als in die Kriminalgeschichte einzugehen.


P.S.: Allein weil der Arzt es nicht wollte, kann ich hier keine Fotos von seinen Bemühungen veröffentlichen.