Donnerstag, 26. Mai 2011

Öffentlichkeit

Wir Tangotänzerinnen und -tänzer lieben ja die Öffentlichkeit.
Unsere Tanznuggets zeigen wir da her, wo wir Zuschauer haben.
Auf normalen Milongas ist die Nähe zum Thekenbereich 
oder zu den stärker frequentierten Sitzecken unsere kleine
Showbühne, wenn eine Kamera läuft, darfs auch mal ein 
Ellenbogenpuff mehr sein, wir müssen aufs Bild.

Der Parzellaner scheut die Öffentlichkeit, wie
der Teufel das Weihwasser. Sichtschutz nach allen
Seiten, Sichtschutz zum Intimbereich Eßplatz sind
dem Parzellaner, was uns die Kamera.

Mein Paradies liegt auf einem Gelände
mit 123 Parzellen. Meine Parzelle ist
unter 123 Parzellen die einzige ohne
jeden Sichtschutz.

Gerade weil die Parzelle viel
Sonne hat, verliebte ich mich
auf den ersten Blick in sie.

Sätze wie
Da haben sie aber einen schönen
Bock geschossen!
sind noch freundlicher Art.

Na gut, meine Parzelle grenzt oben an eine
Sackgasse, dort steht ein einziges Haus. Die Hausbe-
wohner beobachten mich. Als ich am zweiten Tag
meines Glücks versuchte, alles Gerümpel
in meinem Feuerloch zu verbrennen und
eine Kunststoffbedachung eine pechschwarze
Rauchsäule ungeheueren Ausmaßes den
blauen Himmel verdunkelte, kamen sie
an mein oberes Zaunfragment gesaust, sie
in schwarzem Bikini, er in ADIDAS Badeshort:

So geht das aber nicht, wenn wir gute
Nachbarn werden wollen, machen sie sofort das
Feuer aus.

Das ist leicht gesagt aber ohne
Wasser schwer zu machen.

Schließlich erstickte ich die
Feuersbrunst mit einer Spanplatte.

Das Paar stand in Erwartung einer Erklärung
immer noch am Zaunfragment:

Ja, das war nicht klug von mir, die Dachabdeckung
lag etwas dicht am Feuerloch. Selbstentzündung!

gab ich kleinlaut von mir, fügte aber doch noch
hinzu

Gute Nachbarschaft suche ich eigentlich nicht,
am liebsten hätte ich gar keine Nachbarn.

Wir grüßen freundlich.


Meine linke Nachbarin ist Russin, um die 65 Jahre alt.
Ein angefangenes Gewächshaus aus ausrangierten
Balkontüren lässt auf eine beendete Männer-
bekanntschaft schließen. Bei Starkwind stürzt
das Gewächshaus Stück für Stück zusammen.
Gerade gestern schepperte es wieder. Heute
bekam sie ihren Rasenmäher nicht an. Ich wollte
helfen und versuchte zu erklären, dass der Kerzen-
schlüssel vielleicht hilfreich wäre. Das klappte nicht.
So reinigte ich zum Beweis meines guten Willen den
Luftfilter, der Mäher lief trotzdem nicht, der Tank
war staubtrocken.
Sie kommt aus Sibirien und ist eine stattliche Frau.
Die Haare sind wie dichte graue Drähte und kurz
gehalten. Sobald ich Sitzgelegenheit und
Geschirr habe werde ich sie auf einen Tee einladen.
Ihr Deutsch ist schlecht

Meine Nachbarn rechts sind Vater, Mutter und vier
Kinder. Sie kommen nur am Wochenende.

Die Parzellen gegenüber werden von Altparzellanern bewirtschaftet.
Wenn ich morgens komme rufen unsichtbare ältere Damen aus
verschiedenen Parzellen

Ich hab ihnen da was hingepflanzt

Treten sie nicht auf die frischen Pflanzen

Sie brauchen aber bald einen Mittelweg,
bei ihnen weiß man ja nichtmal, wo man
was hinpflanzen kann

Ich antworte dann

Das ist ja ganz wunderbar, herzlichen Dank auch.

Die Parzellaner direkt gegenüber sind Tangofreunde.
Wir wollen unsere Parzellen noch in diesem Jahr mit einem
Bogen aus Wein verbinden, direkt über den
offiziellen Gartenweg hinweg.

Wir können machen was wie wollen.






Die Laubentür

Eine Laubentür zu bauen, erfordert
reichlich Überlegung im Vorfeld.
Wie jede Tür schließt sie
einen Raum, ein Haus oder eine
Laube. Die Tür macht den Raum zum Raum.
Eine Laubentür muss leicht zu reparieren
sein, der Parzellaner kann nie wissen.
Der Parzerllaner baut seine Tür selbst,
eine Fertigtür vor selbstgebauter Laube
geht gegen die Parzellanerehre:


Samstag kommt die Tür rein:


Trockenlegung einer Sanitäranlage

Vor mehr als dreißig Jahren
schlossen sich einige Parzellaner
zm Aktionsbündnis Kanalbau zusammen.
Kreuz und quer durch sechzehn
Parzellen schachteten sie einen
vierhundertzwanzig Meter langen
Graben und verlegten ein Abwasserrohr, das
schlossen sie an die Kanalisation an.
Niemand durfte davon erfahren, sie schachteten nachts,
von einer Parzelle zur anderen, bauten Reinigungs-
schächte ein. Ihre Sanitäranlagen versteckten
sie zwischen Bäumen und Buschwerk, wo sie bis
heute stehen.
Weil besonders gut getarnt, roch die
Sanitäranlage meiner Nachbarn von gegenüber
muffig und war feucht.
Meine Nachbarin versucht nun auf
ungewöhnliche Weise ihre Sanitäranlage
trockenzulegen:


Das Paradies

Viele wähnen das Paradies noch weit über den Wolken.
Für mich wär das nichts, ich leide unter Höhenangs.

Der Weg zu meinem Paradies sieht so aus:
 Am Baum hängt ein Zettel.
Auch Perzellaner haben einen
Charles. Unser Charles ist ein
alter Mann mit gepflegter Parzelle,
vergnatzter Witwer.
Er plakatiert:
'Hundehalter, nehmen sie ihre
Hnde an die Leine'
'Dieser Parkplatz ist
Vereinseigentum, wer hier
unberechtigt parkt, wird kostenpflichtig
abegschleppt.'
Hinter dem Zettelbaum rechts befindet
sich ein Urwäldchen.
 Bäume, Sträucher und seltene
Pflanzen wachsen wild durcheinander.
Die Parzelle gehört einer alten Frau,
Gicht und Rheuma haben sie
krumm gemacht, manchmal kommt
sie, trägt trockene Äste von hier nach da
und wieder zurück. Ihr Paradies eben.


Links das Anwesen eines Doppeltparzellaners,
ein Ehepaar um die fünfundsechzig hat seit vierzig Jahren
zwei Parzellen, eine zum Gemüseanbau, eine zur
Erbauung. Mit Punpe, Küchenlaube,
Schlaf- Wohnlaube, Werkzeuglaube,
Chemieklo, Materiallagerlaube.

Und hier nun mein Paradies: