Dienstag, 10. Mai 2011

Die Laube

Arkan, mein Vorpächter, ist ein guter
Mensch.

Mit seiner Frau hat er einige Kinder.
Seine Kinder auf der Straße spielen zu
sehen ist ihm ein Gräuel. Dem ersten
Kind folgte Parzelle 28. Parzelle 28
hat eine Laube, einen runden Pavillon,
alten Baumbestand und ringsherum eine
dichte Hecke aus unterschiedlichsten
Pflanzen. Mit weiteren Kindern kam Parzelle
27 hinzu, ein 300qm Flecken Erde, den
bis dahin niemand recht lieb gewinnen wollte,
eine Brache also, nun ist sie mir.

Arkan ist ein guter Vater, folgt seiner
Frau aufs Wort, auch ist er leidenschftlicher
Gärtner und vor allem ist er Sammler.

Parzelle 28 kommt als idealer Garten daher,
auf Parzelle 27 hat Arkan zunächst einmal
seine Sperrmüllfunde zwischegelagert und
diese dann zu drei unvollständigen Bauwerken
verabeitet. Dies tat er mit großer Fantasie
und handwerklichem Geschick. Statische
Notwendigkeiten fanden in seinem Schaffen
wenig Berücksichtigung.

Der Zustand seiner Bauwerke sind unten
zu besichtigen. Ganz vorne sehen wir ein
Dach auf vier Pfosten. Vielleicht sollte
es ein wetterfester Lagerplatz für Baumaterial
werden. Unter dem befanden sich in Auf-
lösung begriffene Rigipsplatten, Bretter-
und Lattenabschnitte verschiedner Stärke,
hölzerne Palletten, verschiedenste Kunststoff-
artikel, Teile einer Einbauküche, ein Fenster
mit Rahmen und eine nagelnaue Haustür von
gewaltigem Gewicht. Diese Haustür reißt jede
Laube um, in die sie eingebaut wird.

Hinter dem Dach auf Pfosten ist ein nach hinten
abkippendes Plumpsklo mit blauer Tür zu erkennen.
Arkan hat hier mit sehr viel Mühe
eine um die 2,5 Meter tiefe Grube ausgeschachtet, ca. einen Meter breit und tief.
Um das Loch herum hat er ein Gehäuse gezimmert,
dort hinein eine Fläche mit ausreichendem Loch
genagelt. Vor dem Thron liegen sogar zwei
Betonplatten, die Füße stehen bei
Verrichtung der Notdurft trocken. Die blaue
Tür schließt trotz Schräglage gut. Das Dach
ist aus durchsichtigem Kunstoffwellmaterial
gefertigt, was ein ungekanntes Gefühl
vermittelt, wenn es nicht anders geht.
Zweiflern sei gesagt, es stinkt wirklich nicht
und wer immer noch zweifelt kann gegen eine
Gebühr von 50 Cent einen Selbstversuch machen,
dreilagiges Toilettenpapier steht zur Verfügung.

In mir keimt der Verdacht, Arkan hat Parzelle 27
hauptsächlich wegen Errichtung dieser Ausscheidungsanlage gepachtet. Das Klo ist ältestes Bauwerk auf Parzelle 27. Auch die
Schräglage des Klos bestärkt mich in meinem
Verdacht.

Die eigentliche Laube ist eigentlich keine
Laube. Es ist wohl eher Arkans Sammelwut
zu schulden, Sammelgut, egal was, muss
einer Verwendung zugeführt werden. Aus
inner Not und tatsächlichen Zwängen hat Arkan
also den Bau einer Laube versucht. Dabei
ging er sachgerecht vor. Zunächst stellte
er eine ebene Fläche her, darauf verteilte
er Basaltschotter, den belegte er mit
schweren Gewegplatten. Das entspricht neu-
zeitlicher Laubenbaukunst. Auf einer Fläche
von ca. 3x3m legte er Industriepalletten,
um die herum verbaute er, was sein Fundus hergab.
Noch ist das Bauwerk etwas wackelig
und fällt auf einen Meter um 2,5 cm nach vorne.

In zwei Tagen habe ich 37 Entscheidungen getroffen.
Achtzehnmal Laube abreißen,
neunzehnmal Arkans Werk vollenden. Und
so werde ich das auch machen.

Nun bin ich sicher, Material zur Stabilisierung
der Hütte habe ich, mit Spezialkeilen werde
ich die Hütte ins Lot bringen, zum Schluss wird
alles ordentlich mit Nut- und Federbrettern
verkleidet und die Laube wird aussehen, wie
eben für teuer Geld vom OBI geholt.

Der Parzellaner braucht eine Laube.
Eine Laube verlängert das Gartenleben um
vier Monate im Jahr.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen